Flämische Schule des 17. Jahrhundert

Orpheus und die Tiere

Öl auf Leinwand, 146,5 x 217 cm

Preis auf Anfrage

Provenienz: Süddeutsche Privatsammlung.

 

Auf einem beeindruckenden, raumfüllenden Format zeigt dieses Gemälde „Orpheus und die Tiere“.

Der Harfe- spielende Orpheus sitzt zentral vor einem Baum, dessen Stamm sich über seinem Kopf gabelt. Dieser zentrale Baum rahmt mit seiner Krone die Szenerie Richtung Horizont ein und bietet gleichzeitig durch Äste die Möglichkeit für viele Vögel Platz zu finden. Die linke Bildhälfte wird durch eine Seelandschaft geprägt, an dessen Rand tief im Hintergrund die Ruinen eine Burg zu erkennen sind. Diese Seelandschaft, die im Horizont durch Berge eingerahmt wird, ist der einzige Bereich, in dem Himmel zu sehen ist. Auf dieser Seite sind vor allem Wasservögel, wie Störche, Schwäne und Enten zu sehen. In der rechten Hälfte blickt der Betrachter in einen tiefen europäischen Wald hinein. Auf dieser rechten Seite lassen sich vermehrt Landtiere, wie unter anderem Wild, Kaninchen und Löwen finden. Orpheus trägt opulente in Rot und Gold gehaltene Kleidung mit Goldbesatz, unter dem blauen Brustpanzer sehen wir ein weißes Hemd. Seine Füße werden durch aufwändig gearbeitete Sandalen geschmückt. Sein Haupt wird von einem strahlenden Lorbeerkranz umgeben („poeta laureatus“). Der junge Mann ist durch seine Harfe, den Lorbeerkranz und die ihn umgebenen Tiere klar als Sänger und Dichter der griechischen Mythologie, Orpheus, zu erkennen.

 

Orpheus war einer der Argonauten, der unter Jason nach dem Goldenen Vlies suchte. Er sang so schön, dass er sogar das wütende Meer und die Feinde durch den Zauber seiner Lyra bezwang. Während der Fahrt soll Orpheus mit seinem Gesang sogar die Sirenen übertönt haben. Es heißt, dass er der größte aller Dichter war und mit seinem Gesang Menschen, Tiere, Steine und Bäume bezauberte.

Insgesamt sind 51 Vögel und 37 verschiedene Arten auf dem Gemälde dargestellt.[1] Die Tiere sind größtenteils sehr detailliert wiedergegeben und können bis auf wenige, identifiziert werden. Es werden vor allem europäische Tierarten gezeigt. Ausnahmen sind der straußenähnliche Nandu, der hinter dem Rotwild hervorschaut, sowie der große Papagei links oben, und die beiden Löwen. Ähnliches gilt für das große Tier direkt rechts hinter Orpheus. Die Kopfform lässt auf einen Polarfuchs aus den Polarregionen schließen, auch wenn der Körper viel zu groß ist. Beschrieben wurde der Polarfuchs zuerst im Jahre 1555 durch Olaus Magnus. Es könnte sich jedoch auch um die Darstellung eines Braun- oder Schwarzbären handeln.

Ein außergewöhnliches Detail ist das Tier, welches relativ isoliert im rechten Hintergrund zu finden ist und nach links blickt. Eindeutig identifizierbar ist es nicht, jedoch weist es gewisse Ähnlichkeiten mit dem australischen Känguru auf. Dieses wurde zuerst von Vespucci 1500 und weitergehend von Francisco Pelsaert 1629 beschrieben. Sollte es in der Tat ein Känguru sein, so wäre dies eine der frühesten überlieferten, malerischen Darstellungen.

Auf diesem Gemälde wird Orpheus von einem kleinen Affen begleitet, der auf einer Viola da Gamba spielt. Dies ist eine ikonographische Besonderheit. Überhaupt weist dieses Bild im Vergleich zu anderen Bildern mit „Orpheus und den Tieren“ einige Eigenheiten auf. Die zentrale Positionierung Orpheus‘ ist durchaus häufiger anzutreffen, jedoch hält er meist eine Lyra und ist zwar antikisierend, jedoch nicht so opulent gekleidet. Auch die Auswahl der Tiere ist bemerkenswert: es sind besonders europäische Tiere zu sehen, kaum exotische Besonderheiten, wie Kamele oder Elefanten.

Die beiden Löwen im rechten Vordergrund sind ein Zitat nach Peter Paul Rubens und dessen, in einem Kupferstich umgesetzten Darstellung von „Daniel in der Löwengrube“.

 

Das vorliegende Gemälde kann aufgrund der malerischen und kompositorischen Auffassung in die Flämische Schule des 17. Jahrhunderts eingeordnet werden. Aus dem Umkreis von Jan Brueghel d.J. finden sich zahlreiche Darstellungen dieser Orpheus – Thematik, die es zum Anlass nehmen möglichst viele exotische Tiere zu zeigen. Es finden sich auch Anklänge zu spanischen Malern wie Juan de Arellano oder auch zu dem Italiener Sinibaldo Scorza. Die Komposition der Baumlandschaft erinnert ebenfalls an Jan Brueghel d. J. und Roelant Savery. Man muss vermuten, dass der Künstler des vorliegenden Gemäldes einige Darstellungen des Orpheus kannte und diese hier in einer Art Capriccio verband. Zudem muss man davon ausgehen, dass er einige der Tiere entweder im Original gesehen hat (Menagerien), als ausgestopfte Tiere oder auch in Kupferstichen. Allein dieser Zugriff und diese Bildung sprechen für eine Entstehung des Gemäldes im Umkreis eines Hofes oder eines hoch gebildeten Auftraggebers.

 

 

[1] Für die Identifizierung der verschiedenen Spezies und ihren Bedeutungen danken wir herzlich Herrn Ruud Vlek, Amsterdam.

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